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Samstag, den 29. August 2009 um 14:34 Uhr

Über verschwundene Testamente, falsche Erben und höchst offizielle Erbscheine.
Es war so schön gedacht. Eigentlich hatte Tante Hilde immer gesagt, dass Anna alles erben soll. Ihre Tochter Eva sei herzlos, verschwenderisch und außerdem egoistisch. Nun musste Anna aber mit ansehen, wie Haus und Habe ihrer Tante von Eva meistbietend verscherbelt wurden. Angeblich habe sie kein Testament im Haus finden können. Anna war wütend, weil sie gerade von Peter erfuhr, dass er das Haus ihrer Tante gekauft hatte und Eva zu einer Kreuzfahrt aufgebrochen sei. „Das nötige Kleingeld hat sie ja jetzt“, hatte er mit einem schelmischen Grinsen verkündet.
Niemals wollte Tante Hilde, dass dieser windige Lackaffe Peter das Haus bekommen hätte. Und er wusste auch, dass Tante Hilde deshalb immer verkündet hatte, dass nur Anna sie beerben sollte. „Eva hat mir aber einen ordentlichen Erb-schein gezeigt“, hatte Peter überall rum posaunt. Wütend und traurig schlug Anna jetzt das Buch auf, aus dem ihr Tante Hilde als Kind immer vorgelesen hatte. Es war das Einzige, was ihr von ihrer Tante blieb. Auf dem Sterbebett, als der grässliche Krebs Tante Hilde schon am Sprechen hinderte, hatte sie Anna das Buch zugeschoben. Eben jetzt fiel ein handgeschriebener Zettel aus dem Buch. Ein Zettel mit der Überschrift: „Testament“. Tante Hilde hatte Anna doch zum Alleinerben erklärt.
Zu spät, nun hilft das Testament Anna nicht mehr viel. Zwar ist es egal, wann ein Testament gefunden wird. Anna ist die wahre Erbin und damit gehörte Tante Hildes Haus und Habe vom Erbfall ihr.
Eva hat fremdes Eigentum verkauft. Gegenüber Peter ist der Verkauf trotzdem wirksam. Mit Vorlage des amtlichen Erbscheins konnte er auf die Verfügungsbefugnis der Eva vertrauen. Das Haus bekommt Anna nicht wieder. Aber es muss nach § 2019 BGB der vermeintliche Erbe, das an den wahren Erben wenigstens weitergeben, was er für den Verkauf erlangt hat. Eva zahlt eben den Kauferlös. Nach §§ 2021, 818 Abs. 3 BGB aber nur insoweit, als Eva auch noch mit dem Kauferlös bereichert ist. Eva setzte das Geld aber sofort in eine Kreuzfahrt um. Die kann sie an Anna schlecht herausgeben. Das Geld ist weg, Eva nicht mehr bereichert und Anna schaut in die Röhre.

Moral: Testamente gehören noch zu Lebzeiten in die Hände des ge-wünschten Erben oder noch besser beim Amtsgericht hinterlegt. Und noch etwas: Hätte Eva von dem Testament gewusst, wäre alles ganz anders gewesen.
Sie hätte Anna trotz Kreuzfahrt auszahlen müssen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Ihr Björn Puffpaff

 
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